Mein Vorschlag ist die dynamische Identität.
Anstatt sich durch das Suchen der Identität zu
verfestigen, bleibt die Identität leicht und veränderlich, nach ihr wird nicht mehr gesucht, sondern sie
ist dynamisch vorhanden.
Das Suchen nach der eigenen Identität beherbergt eine der großen Fragen: „Wer bin ich?”
Diese
kleine große Frage. Ich schlage vor, sie unbeantwortet zu lassen. „Was machst Du?” ist immerhin die
vorsichtigere Frage, auch wenn diese oft fehlerhaft beantwortet wird, weil unsere Identität im
Kapitalismus mit dem gleichgesetzt wird, womit wir Geld verdienen. Daraus entsteht uns oft die Frage:
Bin ich meine Arbeit? Oder ist meine Identität von meiner Arbeit losgelöst? Die Frage ist zu
beantworten, je nachdem wie sehr ich mich mit meiner Arbeit identifiziere. Der Künstler ist
wahrscheinlich mehr seine Arbeit, der Kassierer im Supermarkt wahrscheinlich weniger (auch wenn sich
dort genau so „sein Platz finden lässt”). Neben der Arbeit setzt sich die Identität aus verschiedenen
Elementen wie dem Umfeld, Familie, den Interessen, dem Denken und Aktivitäten usw. zusammen. Im Laufe
unseres Lebens wird unsere Identität klarer. Der Neugeborene hat keine Identität in diesem Sinne. Der
alte Mann hat eine klare Identität. Aus dieser Annahme leite ich her, dass die Identitätslosigkeit für
das Leben und die klare verfestigte Identität für das Sterben steht. Was sich bewegt, lebt, was statisch
ist, ist tot. Ich schlage vor, am Leben zu bleiben. Die Identität also als einen Absprungstein zu
nutzen, anstatt auf dem Stein herumzustehen. Der Stein hilft uns, zu springen. Das kann die Rolle
unserer Identität sein.
In meiner Arbeit als Lehrer sehe ich immer wieder, wie die eigene Festigkeit der Identität einen davon
abhält, zu lernen und das Leben in seiner Gesamtheit zu betrachten. Die Festigkeit und Kleinheit der
Identität lässt den Fokus auf einem kleinen Teil des Lebens ruhen und verhindert dadurch das erreichen
von Weisheit. Der Vorschlag ist, das Leben in seiner Gesamtheit zu erkunden und so zu Weisheit zu
gelangen. Der Weg, über Ideologien, Dogmatiken, Systeme und Methoden zu Weisheit zu gelangen, darf
hinterfragt werden.
Daher halte ich meine Methode dynamisch. Es ist Methodisch, aber es ist keine
Methode. Konstant verändert sich das, was wir machen und was ich beibringe. Ich gehe methodisch vor,
ohne dass sich dabei eine feste Methode herauskristallisiert. Das ist oft schwierig und manchmal ein
schmaler Grat. Viel Kontemplation ist nötig. Das Vorgehen mit der dynamischen Methode gibt mir genug
festen Grund um zu Springen und zwischen dem Landen auf festem Grund, und dem in der Luft schweben,
abzuwechseln. Das Hinterfragen und die Reflexion erhält die Dynamik.
Die Konstante ist
Veränderung.
Joseph Bartz 2018