Das Diskutieren ist die Bewährung von Ideen durch den Austausch mit Anderen.
Das isolierte
Entwickeln von Ideen ohne den Austausch mit der Welt erschwert die Wahrheitssuche. Es ist die Pflicht
des Vordenkers seine Ideen viel und offen diskutieren zu lassen. Dogmatismen sträuben sich vor der
Diskussion. Extremisten sträuben sich vor der Diskussion.
Ich schreibe diesen Text, weil es meine
Beobachtung ist, dass die Diskussion zu oft abgelehnt wird und der Grund für diese häufige Ablehnung
scheint mir die Angst zu sein. Mann kann vermuten, dass es die Angst vor Veränderungen ist und die Angst
vor einer Identitätskrise, die aus der Festigkeit der Identität vieler Menschen entsteht. Heißt: Umso
mehr ich meine Identität verfestige und Veränderungen aus dem Weg gehe, umso mehr werde ich die
Diskussion meiden.
Eine weitere Angst vor der Diskussion kommt von der Befürchtung des
Machtverlustes. Wenn die Ideen des Mächtigen, egal ob Politiker, Vordenker, Lehrer, Trainer, Mutter, von
den anderen, egal ob weniger, mehr oder gleich Mächtigen diskutiert werden, riskiert der Mächtige immer
seine Macht. Er riskiert, dass seine Ideen als falsch oder nicht ganz richtig oder der Veränderung
bedürfend, registriert werden, und verliert dadurch an Autorität. Selbst wenn er es schafft, schnell zu
reagieren und seine Idee entsprechend anzupassen, wird die Erinnerung an seinen Fehler wohl eine Zeit
bleiben, selbst wenn der Autoritätsausübende Glück hat und die Erinnerung schnell entschwindet. Die
positive Seite der Diskussion, die Verstärkung der Idee durch ihre Bewährung, scheint weniger prominent
zu sein, da sie mit dem Risiko des Verlustes einhergeht. Der Mensch verliert nicht gern. Doch egal ob
die Idee gestärkt oder entmächtigt aus der Diskussion hervorgeht, die Diskussion erzeugt Erkenntnisse
über die Idee.
Die Angst, Macht einzubüßen, steht also der Wahrheit im Wege und nicht nur der abstrakte Verlust von
Macht, sondern auch der Verlust von Geld sorgen dafür, dass die Diskussion oft abgelehnt wird.
Ich
nenne das hier die "Ökonomische Verzerrung". Das ist der Fall, wenn die Wahrheit durch
ökonomische Gründe verzerrt wird. Dies ist leider viel zu oft der Fall. Meine Beobachtung ist, dass im
Wust der ökonomischen Verzerrungen und der Angst vor Machtverlust, die Wahrheit irgendwo tief im
Dschungel verschollen geht. Meine Beobachtung hier kommt hauptsächlich aus dem Bereich der Praxis, mit
der ich mich seit langem tief auseinandersetze: menschliche Bewegung und das Training menschlicher
Bewegung. Leider ist es mit der Wahrheit und der offenen Diskussion in diesem Bereich nicht weit her.
Denn während der klassische Bereich des Fitnesstrainings ökonomisch extrem verzerrt ist, sind zum einen
die neueren und zum anderen die künstlerischen Bereiche menschlichen Bewegungstrainings auch enorm von
der Angst vor dem Machtverlust zersetzt. Faktisch reden die meisten Vordenker in diesem Bereich
überhaupt nicht miteinander, sondern jeder kocht seine Suppe allein. Die Möglichkeit des
Wahrheitsgewinns ist dadurch in diesem Bereich leider recht eingeschränkt. Der Bereich des menschlichen
Bewegungstrainings lebt von der Suche nach Wahrheit zum einen, krankt aber in der Praxis von der nicht
Nutzung wahrheitsschaffender Methoden zum anderen. Dadurch sind wir mit folgenden Problemen
konfrontiert:
Diese Probleme werden auch dadurch verstärkt, dass Lehrer und Vordenker teilweise aktiv daran beteiligt
sind, die Wahrheitssuche durch ihre Ideologie zu behindern.
Ich beziehe mich hier auf den Bereich
des menschlichen Bewegungstrainings, es ist aber klar, dass die hier angesprochenen Probleme mit
Sicherheit auch in anderen Bereichen wiederzufinden sind.
Also:
Mein Vorschlag ist die offene
Diskussionskultur und über seine Ängste, wie
hinwegzuspringen und die Wahrheit höher zu stellen als seine Ängste.
"Darüber werde ich nicht
diskutieren", ist ein nicht akzeptabler Standpunkt und ist Ausweis charakterlicher Schwäche.
Die Diskussion muss geschützt und am Leben gehalten werden. Lasst uns diskutieren!
Joseph Bartz 2018